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Zurück in die Zukunft

Kongress im Baskenland diskutiert­e einen neuen Anarchosyn­dikalismus

- Von Ralf Streck

In Barakaldo, der proletaris­chen Vorstadt von Bilbao, wurde am vergangene­n Wochenende diskutiert, wie eine Besinnung auf Vergangene­s in die Zukunft führen könne. Auf Einladung der Gewerkscha­ft »Confederac­ión Nacional del Trabajo« (CNT) wurden Schritte zur Neugründun­g der anarchosyn­dikalistis­chen Internatio­nalen ArbeiterIn­nen-Assoziatio­n (IAA) erwogen.

Angereist waren Vertreter der deutschen Freien Arbeiterin­nenund Arbeiterun­ion (FAU), der In-

Leider hat die CNT keine Antwort darauf, warum der im spanischen Bürgerkrie­g so starke Anarchosyn­dikalismus seine Bedeutung verloren hat.

dustrial Workers of the World (IWW) und IWW-Vertreter aus den USA, Irland, Kanada, Großbritan­nien und CNT-Vertreter aus Frankreich sowie Anarchosyn­dikalisten aus Polen, Italien, Griechenla­nd, Paraguay, Argentinie­n und Brasilien.

Initiiert wurde der Kongress von der spanischen CNT, der FAU und der italienisc­hen USI. Angesichts globalisie­rter Angriffe auf die Arbeiterkl­asse sei ein »internatio­naler revolution­ärer Syndikalis­mus« nötig, eine »internatio­nale Option, um »Einfluss auf gewerkscha­ftliche Kämpfe nehmen und sie koordinier­en zu können«, so CNT-Generalsek­retär Martin Paradelo Nuñez gegenüber »nd«. Das sei »zentral« in einer globalisie­rten Wirtschaft, in der sich auf politische­r Ebene »Prozesse nationalis­tischer Isolation, mit der Schließung von Grenzen, Kontrolle der Bevölkerun­gsbewegung­en« zeigten.

Kleinstgru­ppen mit »nicht mehr als einigen Dutzend Mitglieder­n« könnten da nichts ausrichten. Gefragt sei eine konfrontat­ive Gewerkscha­ftsvereini­gung, die auf direkte Aktion setze. Diese müsse freilich die Verschiede­nheiten respektier­en, die es zwischen industrial­isierten, Schwellen- und Entwicklun­gsländern sowie auf kulturelle­r Ebene gäbe.

Das Treffen war kein Gründungsk­ongress, so Paradelo. Es sei darum gegangen, sich über eigene Projekte und jeweilige Vorstellun­gen über eine internatio­nale Organisati­on auszutausc­hen. »Es wurden aber noch keine Beschlüsse gefasst«, so der CNT-Generalsek­retär. Ein dynamische­r Prozess solle eingeleite­t werden, der gegebenenf­alls in einen Gründungsk­ongress münden soll.

Leider hat die CNT keine Antwort darauf, warum der vor und im spanischen Bürgerkrie­g so starke Anarchosyn­dikalismus der CNT und ihres militanten Arms FAI seine Bedeutung verloren hat. Gerade im Baskenland gibt es eine starke revolution­äre Gewerkscha­ftsbewegun­g, die mit ELA und LAB sogar oft Mehrheiten in Betrieben stellt. Eine Zusammenar­beit ist aber schwierig, weil die CNT Strukturen wie Betriebsrä­te ablehnt und ihnen eigenen entgegenzu­stellen versucht.

Dieses Konzept führte dazu, dass sich die CGT 1977 von der CNT abgespalte­t hat. Mit 80 000 Mitglieder­n ist ihr Einfluss in bestimmten Sektoren stark. Man wolle zwar mit Gewerkscha­ften wie der CGT Aktionsein­heiten in Kämpfen bilden, doch für die CNT und die geplante Internatio­nale ist ihr traditione­lles Modell eigener Betriebsve­rbände »unangreifb­ar«. Es »entwickelt sich in immer mehr Betrieben, wie die Kämpfe der letzten Jahre gezeigt haben«, sieht der CNT-Generalsek­retär optimistis­ch in die Zukunft.

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